Bestrahlung von Lebenmitteln

Dass Lebensmittel mit radioaktiven Elementen bestrahlt werden – absichtlich – mutet schon seltsam an. In Deutschland ist das zwar generell verboten aber Ausnahmen sind zugelassen. Man erhofft sich dadurch vor allem, Lebensmittel haltbarer zu machen. Wie genau funktioniert Lebensmittelbestrahlung, in welchen Ländern und bei welchen Lebensmitteln wird sie durchgeführt? Auch der Frage nach eventuellen gesundheitlichen Risiken wird nachgegangen.



Die Lebensmittelbestrahlung existiert schon sehr lange. Während der Boom in Deutschland und Europa schon länger vorüber ist, findet sie in anderen Ländern in zunehmendem Maße statt. Henry Delincee, ehemals langjähriger Mitarbeiter der Bundesforschungsanstalt für Ernährung – heute das Max-Rubner Institut – beschäftigt sich seit über 35 Jahren mit diesem Thema:
„man hat bereits in den 20er/30er Jahren begonnen, damit zu experimentieren. In Europa waren es vor allem die 60er und 70er Jahre, in denen Bestrahlung eingesetzt wurde.“

Die gesetzliche Situation

In Deutschland gibt es das LFGB, das Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch. Nach dem § 8 dieses Gesetzes ist es derzeit verboten, Lebensmittel mit ionisierenden Strahlen zu behandeln und derartige Lebensmittel in den Verkehr zu bringen. Dabei handelt es sich jedoch um ein Verbot mit Erlaubnisvorbehalt, denn das Bundesministerium für Gesundheit wird ermächtigt, sofern es mit dem Verbraucherschutz vereinbar ist, die Bestrahlung mit ionisierenden Strahlen zuzulassen. Hierzu wurde die Lebensmittelbestrahlungsverordnung erlassen, in der geregelt wird, auf welche Weise eine Bestrahlung durchzuführen ist.
Hiernach ist die Behandlung von getrockneten Kräutern und Gewürzen mit Elektronen- und Gammastrahlung erlaubt.
6 EU-Länder, darunter Belgien, Frankreich, Italien, Niederlande, Polen, Vereinigtes Königreich, haben noch wenige weitere Zulassungen aufrecht erhalten, von denen jedoch nur in geringem Umfang Gebrauch gemacht wird. In Frankreich werden beispielsweise Froschschenkel aufgrund von Infektionsgefahren bestrahlt. Auf dem Einheitlichen Europäischen Marktes dürfen bestrahlte Lebensmittel vermarktet werden, also auch in Deutschland.
Hierbei ist eine ausnahmslose Kennzeichnung vorgeschrieben, selbst dann, wenn die bestrahlten Inhaltsstoffe nur in geringsten Mengen enthalten sind und sonst nicht zu deklarieren wären.
International sieht es so aus, dass nach einem Abkommen der Welthandelsorganisation (WTO) kein Mitgliedsland den Import bestrahlter Lebensmittel ablehnen darf.
Es existiert ein internationales Symbol zur Kenntlichmachung von Lebensmitteln, die mit ionisierender Strahlung behandelt wurden. Dieses ersetzt jedoch nicht die festgelegte Kenntlichmachung durch die wörtliche Angabe „bestrahlt“ oder „mit ionisierenden Strahlen behandelt“.
„Man sieht das Radura-Symbol wenig. In den USA waren es auch in der Hauptsache Gewürze, die werden in geringen Mengen zugesetzt und die mussten in den USA nicht gekennzeichnet werden.“

Es gibt analytische Nachweisverfahren, die von der Lebensmittelüberwachung regelmäßig angewendet werden, um die Vorschriften bzw. Bestrahlungsverbote durchzusetzen und zu kontrollieren. Alle Mitgliedstaaten der EU sind aufgrund der EG-Richtlinie von 1999 verpflichtet diese Untersuchungen auf dem Markt durchzuführen und die Ergebnisse an die Europäische Kommission zu berichten. Diese Berichte werden im Amtsblatt der EG veröffentlicht und können auch im Internet eingesehen werden.
Nicht alle Staaten kommen diesen Pflichten nach.

2004 existierten 23 Anlagen innerhalb der EU, 5 davon in Deutschland.

2005 wurden in deutschen Anlagen knapp 500 t behandelt, der größte Anteil davon an Drittländer exportiert. Des weiteren wurden 2005 fast 4000 Lebensmittelproben auf Bestrahlung untersucht, 105 davon waren entweder nicht ordnungsgemäß gekennzeichnet oder illegaler Weise bestrahlt. Der Hauptteil dieser Proben mit 37% stammte aus der Kategorie „asiatische Nudelsnacks, Partysnacks, Pizza, Fernsehsnacks“. Das heißt es scheinen vor allem Erzeugnisse aus Asien zu sein, die in dieser Hinsicht ein Problem darstellen.

Die Situation weltweit

„Weltweit gibt es etwa 60 Länder, in denen Lebensmittelbestrahlung erlaubt ist und sie wird in etwa 35 bis 40 Ländern eingesetzt. Das wichtigste Land im Moment ist China. Man schätzt dass etwa 500 000 t Lm bestrahlt werden, etwa 300 000 davon in China. In den USA werden etwa 100 000 t bestrahlt, die Hälfte etwa Gewürze, die andere Hamburger und andere Produkte, z.B. Tiefkühlkost. Was im Kommen ist, auch in Asien und Südamerika, das ist die Bestrahlung von Obst , tropische Früchte, die man mit einer kleinen Dosis bestrahlt, um sie frei von Fruchtfliegen zu machen.“, sagt Henri Delincee.
Dass das Interesse an Bestrahlung in Europa abgenommen hat, führt Henri Delincee auf emotionales Unbehagen und die daraus resultierende geringe Akzeptanz in der Bevölkerung zurück.
Mario Stahl, Mitarbeiter am Max-Rubner-Institut, sieht eine steigende Entwicklung der bestrahlten Mengen in asiatischen Ländern aber auch in den USA.

Was passiert biologisch und physikalisch?

Es geht um die Haltbarmachung von Lebensmitteln: Mikroorganismen werden abgetötet, indem ihre DNA zerstört wird. Ebenso kann die Auskeimung von Kartoffeln auf diese Weise verhindert werden. Auch die Reifung kann verlangsamt werden. In bestimmten Fällen strebt man auch an, die Eigenschaften des Produktes zu verbessern. Zum Beispiel bei Früchten, die zu Saft weiterverarbeitet werden. Nach einer Bestrahlung ist die Saftausbeute von nämlich höher.

Das Verfahren besteht darin, dass durch einen Elektronenbeschleuniger oder durch ein radioaktives Isotop (meist Kobalt-60) Elektronen- und Gammastrahlung freigesetzt wird. Direkte Wirkungen bestehen darin, dass die energiereiche Strahlung Elektronen herausschlägt, die wiederum genug Energie besitzen, um weitere Reaktionen zu verursachen. Indirekt können deshalb freie Radikale entstehen, die schnell weiterreagieren und das Erbmaterial, die lebenswichtige DNA, zerstören können. Durch die Wechselwirkungen von Strahlen, freien Radikalen und DNA-Molekülen sterben die Mikroorganismen ab. Freie Radikale entstehen vor allem bei stark wasserhaltigen Lebensmitteln. Aber flüssige Lebensmittel sind es auch, bei denen freie Radikale auch ganz schnell wieder gebunden werden, weiß Henri Delincee.
„In dem Moment, wo das Lebensmittel Flüssigkeit enthält, da bauen sich die freien Radikale schnell ab.“
In trockenen Lebensmitteln hingegen verbleiben die freien Radikale länger. Zum Beispiel in Trockenfrüchte. „Das nutzt man sogar als Nachweismethode. Wenn man also in Trockenfrüchten freie Radikale findet, ist das ein Nachweis für die Bestrahlung.“
Aber freie Radikale bilden sich auch jenseits der Bestrahlung. Auch wenn man ein Brot toastet, entstehen sie. Laut Delincee sogar in einer vergleichbaren Menge wie bei der Bestrahlung.

Mit welcher „Strahlungsstärke“ wird gearbeitet?

Mikroorganismen und andere Lebewesen sind unterschiedlich anfällig für Strahlung in Abhängigkeit von ihren Reparaturmechanismen. Mikroorganismen vertragen deutlich höhere Dosen (zum Teil bis zu 2000 Gray) im Vergleich zum Menschen, dessen tödliche Dosis bei etwa 4 Gray liegt. Säugetiere sind empfindlicher als beispielsweise Einzeller oder Insekten.
Wie hoch sind nun die Bestrahlungsdosen?
Sie liegen deutlich höher. Je nach Zweck der Bestrahlung finden wir Dosen in einer Spannweite zwischen 50 und 75 000 Gray. Es soll schließlich sicher gegangen werden, dass die Mikroorganismen nicht mehr überlebensfähig sind.
Bei Lebensmitteln werden meist Dosen zwischen 1000 und 5000 Gray eingesetzt.
Damit es zu keinen Missverständnissen kommt, die Lebensmittel werden durch die Bestrahlung selbst nicht radioaktiv.

Auswirkungen auf Lebensmittel

Bei Kohlenhydraten, Fetten, Proteinen und Mineralstoffen wurden geringe bis keine Auswirkungen festgestellt. Als empfindliche Vitamine gelten A, B1, C, E, K sowie Carotinoide. Der Vitaminverlust und andere Veränderungen sind abhängig vom Wassergehalt, Anwesenheit von Sauerstoff, der Lagerungsdauer, dem Analysezeitpunkt sowie der Temperatur und der Dosis.
„bei obst und gemüse werden sehr kleine Dosen eingesetzt, da spielt der Vitaminverlust eine untergeordnete Rolle“
Aber auch andere Behandlungs- bzw. Zubereitungsmethoden gehen mit einer Veränderung der Inhaltsstoffe einher.

Zur Sterilisierung werden Dosen von über 30 000 Gray eingesetzt. Dabei kann es zu Veränderungen in Geschmack, Geruch und Konsistenz des Lebensmittels kommen, daher wird unter Tiefkühltemperatur bestrahlt. Hier ist die Diffusion der freien Radikale erschwert. Diese Methode ist jedoch teuer und wird deshalb nur für sterile Kost im Krankenhaus oder in der Raumfahrt genutzt. Neben Nahrung werden auch diverse medizinische Artikel in dieser Weise sterilisiert, insbesondere solche die wärmeempfindlich sind. Dazu gehören beispielsweise Kanülen, Katheter, künstliche Gelenke, Nahtmaterial.

Seitens internationaler Organisationen wird gesundheitliche Unbedenktlichkeit konstatiert.

Darunter WHO (Weltgesundheitsorganisation), FAO(Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der vereinten nationen), IAEO (internationale atomenergieorganisation) und auch andere nationale Greminen wie der wissenschaftliche Lebensmittelausschuss der EG-Kommission, die Senatskommission zur Prüfung von Lebensmittelinhalts- und zusatzstoffen der DFG, der US-amerikanische Council for Agricultural Science and Technology.
Fast alle in bestrahlten Lebensmitteln gefundenen Verbindungen wurden ebenso in anderweitig behandelten Lebensmitteln gefunden.
„Auch beim toasten von Brot werden freie Radikale gebildet. Bei ganz unterschiedlichen Prozessen auch jenseits der Bestrahlung entstehen freie Radikale. Bei uns wurde einmal ein Versuch mit bestrahltem Milchpulver durchgeführt, dass an 9 Generationen Ratten verfüttert wurde, um festzustellen, ob das den Ratten etwas ausmacht. Und da hat man überhaupt nichts gefunden.“, berichtet Henry Delincee.

In fetthaltigen Lebensmitteln wurden Abbauprodukte von Fettsäuren gefunden, sogenannte Cyclobutanone. Sie zeigen in hohen Konzentrationen zytotoxische, genotoxische und kanzerogene Wirkungen in Tierversuchen. Solch hohe Konzentrationen kommen im Lebensmittel jedoch nicht vor.
„Von diesen interessanten Substanzen hat man angenommen, dass sie ausschließlich in bestrahlten Lebensmitteln vorkommen, inzwischen hat man sie aber auch anderweitig entdeckt.“

Woher weiß man eigentlich, dass bei der Lebensmittelbestrahlung nicht vielleicht doch Stoffe entstehen, von denen man sonst nichts weiß, weil sie sonst nirgends vorkommen? In der Analytik ist es schließlich so, dass man wissen muss, wonach man sucht. Mario Stahl gibt zu:
„Es gibt keine absolute Sicherheit, dass nicht Stoffe entstehen, die man bisher nicht berücksichtigt hat. Man weiß inzwischen allerdings sehr viel über Lebensmittelbestrahlung. Man geht da nicht nur analytisch vor, sondern man guckt sich auch an, wie mikrobiologische Veränderungen sind oder physiologische. Außerdem wird die Toxizität geprüft.“

biologisch abbaubare Kunststoffverpackungen

Biologisch abbaubare Kunststoffe, das hört sich doch nach einer nachhaltigen Innovation an. Was steckt eigentlich hinter diesem Begriff und wo überall können biologisch abbaubare Kunststoffe zum Einsatz kommen? Können sie zur Reduzierung von Treibhausgasemissionen beitragen oder einen Lösungsansatz für das Problem der Rohstoffknappheit bieten? Im folgenden werden die Vor- und Nachteile biologisch abbaubarer Kunststoffverpackungen erörtert.



flaschen

Sinn und Unsinn von Biokunststoffen

Seit den 50er Jahren kam es zu einer immer stärkeren Zunahme der Produktion von Kunststoffen. 2007 wurden weltweit 260 Mio t Kunststoffe hergestellt. Der Anteil der erzeugten Kunststoffe, die zu Verpackungszwecken verwendet wurden, belief sich, so der Verband Plastics Europe in Europa auf etwa 35 bis 40%.

„fossile“, „nachwachsende“ und „abbaubare“ Kunststoffe

Kunststoffe sind Polymere, deren Rohstoffbasis in der Regel fossil ist. Das bedeutet, Kunststoffe werden auf Rohölbasis hergestellt. Bei der Herstellung von Kunststoffen sind außerdem zusätzliche Chemikalien notwendig, wie Additive, Stabilisatoren, Farbstoffe oder technische Hilfsstoffe. Damit können die Eigenschaften des Endprodukts optimiert werden.
Aufgrund der schwindenden Rohstoffe und der ökologischen Folgen, wird vermehrt nach Alternativen zu herkömmlichen Plastiken gesucht.
Die Begriffe „aus nachwachsenden Rohstoffen“ und „biologisch abbaubar“ dürfen jedoch nicht gleichgesetzt werden: Produkte aus nachwachsenden Rohstoffen müssen nicht biologisch abbaubar sein, genauso wenig bestehen biologisch abbaubare Kunststoffe immer aus nachwachsenden Rohstoffen, denn auch fossile Bestandteile können von Mikroorganismen abgebaut werden.
Wird von Biokunststoffen gesprochen, so kann man dieses Wort verstehen als Abkürzung für biologisch abbaubare Kunststoffe. Die Herstellung dieser ist davon geleitet, einen möglichst großen Teil der Inhaltsstoffe durch erneuerbare Ressourcen zu ersetzen.
Ein wenig irreführend ist beispielsweise das biologische abbaubare Material Ecoflex des Unternehmens BASF, da es vollständig aus fossilen Ressourcen hergestellt wird. Ein neues gemischtes Polymer hingegen, Ecovio, besteht nun aus 55%Exoflex und 45%PLA. PLA, Polymilchsäure, beruht auf nachwachsenden Ressourcen.
Auch Europas größter Biokunststoffhersteller Novamont stellt ein Produkt namens Mater-Bi her, welches sowohl aus Stärke als auch aus synthetischen, also fossilen Polymeren besteht.

Die Hauptmotivation von Unternehmen, vermehrt nach Biokunststoffen zu forschen, liegt im Entwickeln von alternativen Ressourcen, weniger in der Einsparung von CO2. Philipp Depieureux, Geschäftsführer des Verpackungsherstellers alesco und Vorstandsmitglied des Verbandes European Bioplastics wiefolgt:
„Wir haben das Projekt Bioplastics vor ca. 5 Jahren gegründet und wenn wir an die künftigen Generationen denken, in 50 bis 80 Jahren werden die Ölquellen versiegt sein und da müssen wir uns jetzt als Verpackungshersteller auch Gedanken machen.“

Welche Biokunststoffe es gibt

Die wichtigsten Biokunststoffe sind PLA mit rund 43% Marktanteil gefolgt von Stärke basierten Polymeren mit 36%, wie in der Verpackungsrundschau (2/2008) nachzulesen ist. Dem Artikel zufolge bestanden 2006 nur 0,1 Prozent aller Verpackungen aus Biokunststoffen.
Dennoch sind sie bereits in der Lage in vielen Bereichen herkömmliche Kunststoffe zu ersetzten. Insbesondere in der Verpackungsbranche gibt es breite Anwendungsmöglichkeiten.

Nur 4% des geförderten Erdöls gelangt in die Kunststoffherstellung.

Der größte Anteil, 90%, werden als Brenn- oder Treibstoff eingesetzt.
Dennoch sind Produkte aus Kunststoffen aus dem Alltag nicht wegzudenken.
In welchen Lebensbereichen spielt Plastik eine Rolle?
Was die Einsatzgebiete von Kunststoffen angeht, so fallen in Westeuropa 37 % auf Verpackungen 21 % auf den Bausektor, 8 % auf die Automobilindustrie, 7 % auf die elektro(technische) Industrie und 27 % auf Sonstige (darunter Möbel, Haushaltsgeräte, Landwirtschaft).

Die Kunststoffindustrie ist sehr stark auf Rohöl angewiesen und von den Marktpreisen fossiler Energieträger abhängig. Mit sich verschärfender Rohstoffknappheit wird es für die Kunststoffindustrie immer wichtiger, von der Petrochemie, also den aus fossilen Rohstoffen erzeugten Produkten wegzukommen. Zwar betragen die Preise für Biokunststoffe immer noch 2,5 bis 7,5 mal so viel wie die herkömmlichen, aber durch den Preisanstieg des Rohöls wird langfristig ein Preisangleich bis hin zu einem Wettbewerbsvorteil erwartet.
„Es sind interessante Wachstumsraten da, ich vermute, dass es so weiter gehen wird, weil die firmen sich es gut vorstellen können, dass sich petrochemische kunststoffe verteuern werden, deshalb steigen viele um oder probieren mal was neues aus.“, so Bettina Schmidt von CARMEN, dem Centralen- Agrar-Rohstoff-Marketing- und Entwicklungs-Netzwerk e.V.

verbrennen vs. recyceln vs. kompostieren vs. vergären

Laut Kreislauf- und Abfallwirtschaftsgesetz sollte man Abfälle, also auch Verpackungsabfälle zuerst stofflich recyceln bevor man sie in einer Müllverbrennungsanlage verbrennt, selbst wenn dabei geringfügig Energie erzeugt wird.
Werden die Verpackungen als Brenn- oder Treibstoff eingesetzt, ist die Nutzung eine einmalige, dabei könnten Kunststoffprodukte viel langfristiger genutzt werden, in Form einer Kaskade: Ein hochwertiges Produkt wird durch Recycling oder besser gesagt „Downcycling“ immer noch weiterhin nutzbar und erst am Ende des Lebenszyklus stünde die Verbrennung.
Werden Kunststoffe verbrannt, entsteht CO2, welches aus fossilen Rohstoffen stammend, den Treibhauseffekt verstärkt. Doch auch Kunststoffe aus nachwachsender Rohstoffbasis sind nicht klimaneutral: Zum einen gibt es bisher noch kaum Biokunststoffe, die zu 100% aus nachwachsenden Rohstoffen bestehen, zum anderen werden in ihrem Produktionsprozess Vorprodukte und Energie eingesetzt, bei denen fossile Energieträger zum Einsatz kommen. Dennoch weisen vereinzelte Studien auf einen gewissen Vorteil bezüglich der Klimaneutralität hin.

Biokunststoffe sortenrein zu trennen, um sie zu recyceln ist allerdings illusorisch. Dazu sind die Mengen viel zu gering und die Verwertungsinfrastruktur nicht gegeben. Aber sie sind ja vor allem dazu geeignet, um kompostiert zu werden.
Bei diesem Prozess lässt man die organischen Substanzen verrotten, mithilfe von Mikroorganismen. Die Polymere werden schließlich zu H20 und CO2 umgesetzt. Sie müssten also nicht verbrannt oder deponiert werden.
Ist aber die Kompostierung tatsächlich die umweltschonendste und ressourcensparendste Option? Immerhin könnte durch eine Verbrennung zusätzlich Energie gewonnen werden, die während der Kompostierung in der Regel verpufft. Insbesondere wenn es sich um energieeffiziente und emissionsarme Heizkraftwerke handelt. Fest steht jedenfalls: Eine Kompostierung ist in jedem Falle die kostengünstigere Entsorgungsoption.

Vorteile der Kompostierung wiederum wären die Herstellung von Dünger und somit eine Rückführung der Nährstoffe in den Nährstoffkreislauf. Aber: Da die beschriebenen Verpackungen hauptsächlich aus Kohlenstoff- Wasserstoff- und Sauerstoffatomen bestehen, sind hier keine Stoffe vorhanden, die von besonderem Interesse wären, sie zurück in den Boden zu bringen. Die Hauptnährstoffe von Pflanzen sind Stickstoff, Kalium und Phosphor – diese Stoffe sind in den Verpackungen aus Biokunststoff nicht enthalten. Bertram Kehres von der Bundesgütegemeinschaft Kompost sieht das Verfahren der Kompostierung kritisch:
„Unserer Auffassung nach sollten Biokunststoffe eher verbrannt als kompostiert werden. Wertgebende Inhaltstoffe, die normalerweise in Kompost zu finden sind, sind vor allem Planzennährstoffe und organische Substanz. Pflanzennährstoffe in biologisch abbaubaren Werksstoffen sind so gut wie nicht vorhanden, deshalb ist der Nutzen für den Kompost sehr gering während der Heizwert von trockenen Verpackungen recht hoch ist.“
Skeptische Worte seitens der Kompostierungsanlagenbetreiber können auch vernommen werden: Ist erst einmal das System der Biokunststoffe eingeführt, wird befürchtet, dass die Hemmschwelle sinkt, auch andere nicht kompostierbare Kunststoffe in den Biomüll zu werfen.
„Abbaubare Getränkeverpackungen oder ähnliches werden in Kompostierungsanlagen in der Regel im Vorfeld aussortiert, weil sie als solche von den anderen nicht zu unterscheiden sind.“, ergänzt Bertram Kehres.
Bleibt noch die Möglichkeit der Vergärung. Bei einer Vergärung werden die organischen Stoffe unter Sauerstoffausschluss umgesetzt, dabei entsteht Methan. Das wiederum kann zur Energieerzeugung verbrannt oder in das Erdgasnetz eingespeist werden. Der Vergärungsprozess ist aber sehr störungsanfällig. Bisher gibt es wenig Erfahrungen mit Biokunststoffen in der Vergärung. Bertram Kehres vermutet, dass auch bei der Vergärung die Biokunststoffe als Störstoffe heraussortiert würden. Auch ist keine Pauschalaussage zur Vergärung möglich, weil es so viele verschiedene Biokunststoffe gibt.

Konkurrenz zur Nahrungsmittelproduktion?

Es besteht durchaus Optimierungspotenzial, Produkte so zu entwickeln, dass sie lediglich aus jenen Teilen der Pflanze hergestellt werden, die für den menschlichen Verzehr ungeeignet sind. Einen Ansatz bietet da die Nutzung von Lignocellulose. Bisher erfolgt die Herstellung aber noch in so einem geringen Maße, dass eine Auswirkung auf Nahrungsmittelpreise nicht befürchtet wird.
Allerdings wird der Einsatz von Gentechnik kritisiert, denn um hohe Stärke bzw. Zuckererträge zu erzielen wird z.B. in den USA genmanipulierter Mais eingesetzt.

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