Bestrahlung von Lebenmitteln
Dass Lebensmittel mit radioaktiven Elementen bestrahlt werden – absichtlich – mutet schon seltsam an. In Deutschland ist das zwar generell verboten aber Ausnahmen sind zugelassen. Man erhofft sich dadurch vor allem, Lebensmittel haltbarer zu machen. Wie genau funktioniert Lebensmittelbestrahlung, in welchen Ländern und bei welchen Lebensmitteln wird sie durchgeführt? Auch der Frage nach eventuellen gesundheitlichen Risiken wird nachgegangen.
Die Lebensmittelbestrahlung existiert schon sehr lange. Während der Boom in Deutschland und Europa schon länger vorüber ist, findet sie in anderen Ländern in zunehmendem Maße statt. Henry Delincee, ehemals langjähriger Mitarbeiter der Bundesforschungsanstalt für Ernährung – heute das Max-Rubner Institut – beschäftigt sich seit über 35 Jahren mit diesem Thema:
„man hat bereits in den 20er/30er Jahren begonnen, damit zu experimentieren. In Europa waren es vor allem die 60er und 70er Jahre, in denen Bestrahlung eingesetzt wurde.“
Die gesetzliche Situation
In Deutschland gibt es das LFGB, das Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch. Nach dem § 8 dieses Gesetzes ist es derzeit verboten, Lebensmittel mit ionisierenden Strahlen zu behandeln und derartige Lebensmittel in den Verkehr zu bringen. Dabei handelt es sich jedoch um ein Verbot mit Erlaubnisvorbehalt, denn das Bundesministerium für Gesundheit wird ermächtigt, sofern es mit dem Verbraucherschutz vereinbar ist, die Bestrahlung mit ionisierenden Strahlen zuzulassen. Hierzu wurde die Lebensmittelbestrahlungsverordnung erlassen, in der geregelt wird, auf welche Weise eine Bestrahlung durchzuführen ist.
Hiernach ist die Behandlung von getrockneten Kräutern und Gewürzen mit Elektronen- und Gammastrahlung erlaubt.
6 EU-Länder, darunter Belgien, Frankreich, Italien, Niederlande, Polen, Vereinigtes Königreich, haben noch wenige weitere Zulassungen aufrecht erhalten, von denen jedoch nur in geringem Umfang Gebrauch gemacht wird. In Frankreich werden beispielsweise Froschschenkel aufgrund von Infektionsgefahren bestrahlt. Auf dem Einheitlichen Europäischen Marktes dürfen bestrahlte Lebensmittel vermarktet werden, also auch in Deutschland.
Hierbei ist eine ausnahmslose Kennzeichnung vorgeschrieben, selbst dann, wenn die bestrahlten Inhaltsstoffe nur in geringsten Mengen enthalten sind und sonst nicht zu deklarieren wären.
International sieht es so aus, dass nach einem Abkommen der Welthandelsorganisation (WTO) kein Mitgliedsland den Import bestrahlter Lebensmittel ablehnen darf.
Es existiert ein internationales Symbol zur Kenntlichmachung von Lebensmitteln, die mit ionisierender Strahlung behandelt wurden. Dieses ersetzt jedoch nicht die festgelegte Kenntlichmachung durch die wörtliche Angabe „bestrahlt“ oder „mit ionisierenden Strahlen behandelt“.
„Man sieht das Radura-Symbol wenig. In den USA waren es auch in der Hauptsache Gewürze, die werden in geringen Mengen zugesetzt und die mussten in den USA nicht gekennzeichnet werden.“
Es gibt analytische Nachweisverfahren, die von der Lebensmittelüberwachung regelmäßig angewendet werden, um die Vorschriften bzw. Bestrahlungsverbote durchzusetzen und zu kontrollieren. Alle Mitgliedstaaten der EU sind aufgrund der EG-Richtlinie von 1999 verpflichtet diese Untersuchungen auf dem Markt durchzuführen und die Ergebnisse an die Europäische Kommission zu berichten. Diese Berichte werden im Amtsblatt der EG veröffentlicht und können auch im Internet eingesehen werden.
Nicht alle Staaten kommen diesen Pflichten nach.
2004 existierten 23 Anlagen innerhalb der EU, 5 davon in Deutschland.
2005 wurden in deutschen Anlagen knapp 500 t behandelt, der größte Anteil davon an Drittländer exportiert. Des weiteren wurden 2005 fast 4000 Lebensmittelproben auf Bestrahlung untersucht, 105 davon waren entweder nicht ordnungsgemäß gekennzeichnet oder illegaler Weise bestrahlt. Der Hauptteil dieser Proben mit 37% stammte aus der Kategorie „asiatische Nudelsnacks, Partysnacks, Pizza, Fernsehsnacks“. Das heißt es scheinen vor allem Erzeugnisse aus Asien zu sein, die in dieser Hinsicht ein Problem darstellen.
Die Situation weltweit
„Weltweit gibt es etwa 60 Länder, in denen Lebensmittelbestrahlung erlaubt ist und sie wird in etwa 35 bis 40 Ländern eingesetzt. Das wichtigste Land im Moment ist China. Man schätzt dass etwa 500 000 t Lm bestrahlt werden, etwa 300 000 davon in China. In den USA werden etwa 100 000 t bestrahlt, die Hälfte etwa Gewürze, die andere Hamburger und andere Produkte, z.B. Tiefkühlkost. Was im Kommen ist, auch in Asien und Südamerika, das ist die Bestrahlung von Obst , tropische Früchte, die man mit einer kleinen Dosis bestrahlt, um sie frei von Fruchtfliegen zu machen.“, sagt Henri Delincee.
Dass das Interesse an Bestrahlung in Europa abgenommen hat, führt Henri Delincee auf emotionales Unbehagen und die daraus resultierende geringe Akzeptanz in der Bevölkerung zurück.
Mario Stahl, Mitarbeiter am Max-Rubner-Institut, sieht eine steigende Entwicklung der bestrahlten Mengen in asiatischen Ländern aber auch in den USA.
Was passiert biologisch und physikalisch?
Es geht um die Haltbarmachung von Lebensmitteln: Mikroorganismen werden abgetötet, indem ihre DNA zerstört wird. Ebenso kann die Auskeimung von Kartoffeln auf diese Weise verhindert werden. Auch die Reifung kann verlangsamt werden. In bestimmten Fällen strebt man auch an, die Eigenschaften des Produktes zu verbessern. Zum Beispiel bei Früchten, die zu Saft weiterverarbeitet werden. Nach einer Bestrahlung ist die Saftausbeute von nämlich höher.
Das Verfahren besteht darin, dass durch einen Elektronenbeschleuniger oder durch ein radioaktives Isotop (meist Kobalt-60) Elektronen- und Gammastrahlung freigesetzt wird. Direkte Wirkungen bestehen darin, dass die energiereiche Strahlung Elektronen herausschlägt, die wiederum genug Energie besitzen, um weitere Reaktionen zu verursachen. Indirekt können deshalb freie Radikale entstehen, die schnell weiterreagieren und das Erbmaterial, die lebenswichtige DNA, zerstören können. Durch die Wechselwirkungen von Strahlen, freien Radikalen und DNA-Molekülen sterben die Mikroorganismen ab. Freie Radikale entstehen vor allem bei stark wasserhaltigen Lebensmitteln. Aber flüssige Lebensmittel sind es auch, bei denen freie Radikale auch ganz schnell wieder gebunden werden, weiß Henri Delincee.
„In dem Moment, wo das Lebensmittel Flüssigkeit enthält, da bauen sich die freien Radikale schnell ab.“
In trockenen Lebensmitteln hingegen verbleiben die freien Radikale länger. Zum Beispiel in Trockenfrüchte. „Das nutzt man sogar als Nachweismethode. Wenn man also in Trockenfrüchten freie Radikale findet, ist das ein Nachweis für die Bestrahlung.“
Aber freie Radikale bilden sich auch jenseits der Bestrahlung. Auch wenn man ein Brot toastet, entstehen sie. Laut Delincee sogar in einer vergleichbaren Menge wie bei der Bestrahlung.
Mit welcher „Strahlungsstärke“ wird gearbeitet?
Mikroorganismen und andere Lebewesen sind unterschiedlich anfällig für Strahlung in Abhängigkeit von ihren Reparaturmechanismen. Mikroorganismen vertragen deutlich höhere Dosen (zum Teil bis zu 2000 Gray) im Vergleich zum Menschen, dessen tödliche Dosis bei etwa 4 Gray liegt. Säugetiere sind empfindlicher als beispielsweise Einzeller oder Insekten.
Wie hoch sind nun die Bestrahlungsdosen?
Sie liegen deutlich höher. Je nach Zweck der Bestrahlung finden wir Dosen in einer Spannweite zwischen 50 und 75 000 Gray. Es soll schließlich sicher gegangen werden, dass die Mikroorganismen nicht mehr überlebensfähig sind.
Bei Lebensmitteln werden meist Dosen zwischen 1000 und 5000 Gray eingesetzt.
Damit es zu keinen Missverständnissen kommt, die Lebensmittel werden durch die Bestrahlung selbst nicht radioaktiv.
Auswirkungen auf Lebensmittel
Bei Kohlenhydraten, Fetten, Proteinen und Mineralstoffen wurden geringe bis keine Auswirkungen festgestellt. Als empfindliche Vitamine gelten A, B1, C, E, K sowie Carotinoide. Der Vitaminverlust und andere Veränderungen sind abhängig vom Wassergehalt, Anwesenheit von Sauerstoff, der Lagerungsdauer, dem Analysezeitpunkt sowie der Temperatur und der Dosis.
„bei obst und gemüse werden sehr kleine Dosen eingesetzt, da spielt der Vitaminverlust eine untergeordnete Rolle“
Aber auch andere Behandlungs- bzw. Zubereitungsmethoden gehen mit einer Veränderung der Inhaltsstoffe einher.
Zur Sterilisierung werden Dosen von über 30 000 Gray eingesetzt. Dabei kann es zu Veränderungen in Geschmack, Geruch und Konsistenz des Lebensmittels kommen, daher wird unter Tiefkühltemperatur bestrahlt. Hier ist die Diffusion der freien Radikale erschwert. Diese Methode ist jedoch teuer und wird deshalb nur für sterile Kost im Krankenhaus oder in der Raumfahrt genutzt. Neben Nahrung werden auch diverse medizinische Artikel in dieser Weise sterilisiert, insbesondere solche die wärmeempfindlich sind. Dazu gehören beispielsweise Kanülen, Katheter, künstliche Gelenke, Nahtmaterial.
Seitens internationaler Organisationen wird gesundheitliche Unbedenktlichkeit konstatiert.
Darunter WHO (Weltgesundheitsorganisation), FAO(Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der vereinten nationen), IAEO (internationale atomenergieorganisation) und auch andere nationale Greminen wie der wissenschaftliche Lebensmittelausschuss der EG-Kommission, die Senatskommission zur Prüfung von Lebensmittelinhalts- und zusatzstoffen der DFG, der US-amerikanische Council for Agricultural Science and Technology.
Fast alle in bestrahlten Lebensmitteln gefundenen Verbindungen wurden ebenso in anderweitig behandelten Lebensmitteln gefunden.
„Auch beim toasten von Brot werden freie Radikale gebildet. Bei ganz unterschiedlichen Prozessen auch jenseits der Bestrahlung entstehen freie Radikale. Bei uns wurde einmal ein Versuch mit bestrahltem Milchpulver durchgeführt, dass an 9 Generationen Ratten verfüttert wurde, um festzustellen, ob das den Ratten etwas ausmacht. Und da hat man überhaupt nichts gefunden.“, berichtet Henry Delincee.
In fetthaltigen Lebensmitteln wurden Abbauprodukte von Fettsäuren gefunden, sogenannte Cyclobutanone. Sie zeigen in hohen Konzentrationen zytotoxische, genotoxische und kanzerogene Wirkungen in Tierversuchen. Solch hohe Konzentrationen kommen im Lebensmittel jedoch nicht vor.
„Von diesen interessanten Substanzen hat man angenommen, dass sie ausschließlich in bestrahlten Lebensmitteln vorkommen, inzwischen hat man sie aber auch anderweitig entdeckt.“
Woher weiß man eigentlich, dass bei der Lebensmittelbestrahlung nicht vielleicht doch Stoffe entstehen, von denen man sonst nichts weiß, weil sie sonst nirgends vorkommen? In der Analytik ist es schließlich so, dass man wissen muss, wonach man sucht. Mario Stahl gibt zu:
„Es gibt keine absolute Sicherheit, dass nicht Stoffe entstehen, die man bisher nicht berücksichtigt hat. Man weiß inzwischen allerdings sehr viel über Lebensmittelbestrahlung. Man geht da nicht nur analytisch vor, sondern man guckt sich auch an, wie mikrobiologische Veränderungen sind oder physiologische. Außerdem wird die Toxizität geprüft.“
Die Lebensmittelbestrahlung existiert schon sehr lange. Während der Boom in Deutschland und Europa schon länger vorüber ist, findet sie in anderen Ländern in zunehmendem Maße statt. Henry Delincee, ehemals langjähriger Mitarbeiter der Bundesforschungsanstalt für Ernährung – heute das Max-Rubner Institut – beschäftigt sich seit über 35 Jahren mit diesem Thema:
„man hat bereits in den 20er/30er Jahren begonnen, damit zu experimentieren. In Europa waren es vor allem die 60er und 70er Jahre, in denen Bestrahlung eingesetzt wurde.“
Die gesetzliche Situation
In Deutschland gibt es das LFGB, das Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch. Nach dem § 8 dieses Gesetzes ist es derzeit verboten, Lebensmittel mit ionisierenden Strahlen zu behandeln und derartige Lebensmittel in den Verkehr zu bringen. Dabei handelt es sich jedoch um ein Verbot mit Erlaubnisvorbehalt, denn das Bundesministerium für Gesundheit wird ermächtigt, sofern es mit dem Verbraucherschutz vereinbar ist, die Bestrahlung mit ionisierenden Strahlen zuzulassen. Hierzu wurde die Lebensmittelbestrahlungsverordnung erlassen, in der geregelt wird, auf welche Weise eine Bestrahlung durchzuführen ist.
Hiernach ist die Behandlung von getrockneten Kräutern und Gewürzen mit Elektronen- und Gammastrahlung erlaubt.
6 EU-Länder, darunter Belgien, Frankreich, Italien, Niederlande, Polen, Vereinigtes Königreich, haben noch wenige weitere Zulassungen aufrecht erhalten, von denen jedoch nur in geringem Umfang Gebrauch gemacht wird. In Frankreich werden beispielsweise Froschschenkel aufgrund von Infektionsgefahren bestrahlt. Auf dem Einheitlichen Europäischen Marktes dürfen bestrahlte Lebensmittel vermarktet werden, also auch in Deutschland.
Hierbei ist eine ausnahmslose Kennzeichnung vorgeschrieben, selbst dann, wenn die bestrahlten Inhaltsstoffe nur in geringsten Mengen enthalten sind und sonst nicht zu deklarieren wären.
International sieht es so aus, dass nach einem Abkommen der Welthandelsorganisation (WTO) kein Mitgliedsland den Import bestrahlter Lebensmittel ablehnen darf.
Es existiert ein internationales Symbol zur Kenntlichmachung von Lebensmitteln, die mit ionisierender Strahlung behandelt wurden. Dieses ersetzt jedoch nicht die festgelegte Kenntlichmachung durch die wörtliche Angabe „bestrahlt“ oder „mit ionisierenden Strahlen behandelt“.
„Man sieht das Radura-Symbol wenig. In den USA waren es auch in der Hauptsache Gewürze, die werden in geringen Mengen zugesetzt und die mussten in den USA nicht gekennzeichnet werden.“
Es gibt analytische Nachweisverfahren, die von der Lebensmittelüberwachung regelmäßig angewendet werden, um die Vorschriften bzw. Bestrahlungsverbote durchzusetzen und zu kontrollieren. Alle Mitgliedstaaten der EU sind aufgrund der EG-Richtlinie von 1999 verpflichtet diese Untersuchungen auf dem Markt durchzuführen und die Ergebnisse an die Europäische Kommission zu berichten. Diese Berichte werden im Amtsblatt der EG veröffentlicht und können auch im Internet eingesehen werden.
Nicht alle Staaten kommen diesen Pflichten nach.
2004 existierten 23 Anlagen innerhalb der EU, 5 davon in Deutschland.
2005 wurden in deutschen Anlagen knapp 500 t behandelt, der größte Anteil davon an Drittländer exportiert. Des weiteren wurden 2005 fast 4000 Lebensmittelproben auf Bestrahlung untersucht, 105 davon waren entweder nicht ordnungsgemäß gekennzeichnet oder illegaler Weise bestrahlt. Der Hauptteil dieser Proben mit 37% stammte aus der Kategorie „asiatische Nudelsnacks, Partysnacks, Pizza, Fernsehsnacks“. Das heißt es scheinen vor allem Erzeugnisse aus Asien zu sein, die in dieser Hinsicht ein Problem darstellen.
Die Situation weltweit
„Weltweit gibt es etwa 60 Länder, in denen Lebensmittelbestrahlung erlaubt ist und sie wird in etwa 35 bis 40 Ländern eingesetzt. Das wichtigste Land im Moment ist China. Man schätzt dass etwa 500 000 t Lm bestrahlt werden, etwa 300 000 davon in China. In den USA werden etwa 100 000 t bestrahlt, die Hälfte etwa Gewürze, die andere Hamburger und andere Produkte, z.B. Tiefkühlkost. Was im Kommen ist, auch in Asien und Südamerika, das ist die Bestrahlung von Obst , tropische Früchte, die man mit einer kleinen Dosis bestrahlt, um sie frei von Fruchtfliegen zu machen.“, sagt Henri Delincee.
Dass das Interesse an Bestrahlung in Europa abgenommen hat, führt Henri Delincee auf emotionales Unbehagen und die daraus resultierende geringe Akzeptanz in der Bevölkerung zurück.
Mario Stahl, Mitarbeiter am Max-Rubner-Institut, sieht eine steigende Entwicklung der bestrahlten Mengen in asiatischen Ländern aber auch in den USA.
Was passiert biologisch und physikalisch?
Es geht um die Haltbarmachung von Lebensmitteln: Mikroorganismen werden abgetötet, indem ihre DNA zerstört wird. Ebenso kann die Auskeimung von Kartoffeln auf diese Weise verhindert werden. Auch die Reifung kann verlangsamt werden. In bestimmten Fällen strebt man auch an, die Eigenschaften des Produktes zu verbessern. Zum Beispiel bei Früchten, die zu Saft weiterverarbeitet werden. Nach einer Bestrahlung ist die Saftausbeute von nämlich höher.
Das Verfahren besteht darin, dass durch einen Elektronenbeschleuniger oder durch ein radioaktives Isotop (meist Kobalt-60) Elektronen- und Gammastrahlung freigesetzt wird. Direkte Wirkungen bestehen darin, dass die energiereiche Strahlung Elektronen herausschlägt, die wiederum genug Energie besitzen, um weitere Reaktionen zu verursachen. Indirekt können deshalb freie Radikale entstehen, die schnell weiterreagieren und das Erbmaterial, die lebenswichtige DNA, zerstören können. Durch die Wechselwirkungen von Strahlen, freien Radikalen und DNA-Molekülen sterben die Mikroorganismen ab. Freie Radikale entstehen vor allem bei stark wasserhaltigen Lebensmitteln. Aber flüssige Lebensmittel sind es auch, bei denen freie Radikale auch ganz schnell wieder gebunden werden, weiß Henri Delincee.
„In dem Moment, wo das Lebensmittel Flüssigkeit enthält, da bauen sich die freien Radikale schnell ab.“
In trockenen Lebensmitteln hingegen verbleiben die freien Radikale länger. Zum Beispiel in Trockenfrüchte. „Das nutzt man sogar als Nachweismethode. Wenn man also in Trockenfrüchten freie Radikale findet, ist das ein Nachweis für die Bestrahlung.“
Aber freie Radikale bilden sich auch jenseits der Bestrahlung. Auch wenn man ein Brot toastet, entstehen sie. Laut Delincee sogar in einer vergleichbaren Menge wie bei der Bestrahlung.
Mit welcher „Strahlungsstärke“ wird gearbeitet?
Mikroorganismen und andere Lebewesen sind unterschiedlich anfällig für Strahlung in Abhängigkeit von ihren Reparaturmechanismen. Mikroorganismen vertragen deutlich höhere Dosen (zum Teil bis zu 2000 Gray) im Vergleich zum Menschen, dessen tödliche Dosis bei etwa 4 Gray liegt. Säugetiere sind empfindlicher als beispielsweise Einzeller oder Insekten.
Wie hoch sind nun die Bestrahlungsdosen?
Sie liegen deutlich höher. Je nach Zweck der Bestrahlung finden wir Dosen in einer Spannweite zwischen 50 und 75 000 Gray. Es soll schließlich sicher gegangen werden, dass die Mikroorganismen nicht mehr überlebensfähig sind.
Bei Lebensmitteln werden meist Dosen zwischen 1000 und 5000 Gray eingesetzt.
Damit es zu keinen Missverständnissen kommt, die Lebensmittel werden durch die Bestrahlung selbst nicht radioaktiv.
Auswirkungen auf Lebensmittel
Bei Kohlenhydraten, Fetten, Proteinen und Mineralstoffen wurden geringe bis keine Auswirkungen festgestellt. Als empfindliche Vitamine gelten A, B1, C, E, K sowie Carotinoide. Der Vitaminverlust und andere Veränderungen sind abhängig vom Wassergehalt, Anwesenheit von Sauerstoff, der Lagerungsdauer, dem Analysezeitpunkt sowie der Temperatur und der Dosis.
„bei obst und gemüse werden sehr kleine Dosen eingesetzt, da spielt der Vitaminverlust eine untergeordnete Rolle“
Aber auch andere Behandlungs- bzw. Zubereitungsmethoden gehen mit einer Veränderung der Inhaltsstoffe einher.
Zur Sterilisierung werden Dosen von über 30 000 Gray eingesetzt. Dabei kann es zu Veränderungen in Geschmack, Geruch und Konsistenz des Lebensmittels kommen, daher wird unter Tiefkühltemperatur bestrahlt. Hier ist die Diffusion der freien Radikale erschwert. Diese Methode ist jedoch teuer und wird deshalb nur für sterile Kost im Krankenhaus oder in der Raumfahrt genutzt. Neben Nahrung werden auch diverse medizinische Artikel in dieser Weise sterilisiert, insbesondere solche die wärmeempfindlich sind. Dazu gehören beispielsweise Kanülen, Katheter, künstliche Gelenke, Nahtmaterial.
Seitens internationaler Organisationen wird gesundheitliche Unbedenktlichkeit konstatiert.
Darunter WHO (Weltgesundheitsorganisation), FAO(Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der vereinten nationen), IAEO (internationale atomenergieorganisation) und auch andere nationale Greminen wie der wissenschaftliche Lebensmittelausschuss der EG-Kommission, die Senatskommission zur Prüfung von Lebensmittelinhalts- und zusatzstoffen der DFG, der US-amerikanische Council for Agricultural Science and Technology.
Fast alle in bestrahlten Lebensmitteln gefundenen Verbindungen wurden ebenso in anderweitig behandelten Lebensmitteln gefunden.
„Auch beim toasten von Brot werden freie Radikale gebildet. Bei ganz unterschiedlichen Prozessen auch jenseits der Bestrahlung entstehen freie Radikale. Bei uns wurde einmal ein Versuch mit bestrahltem Milchpulver durchgeführt, dass an 9 Generationen Ratten verfüttert wurde, um festzustellen, ob das den Ratten etwas ausmacht. Und da hat man überhaupt nichts gefunden.“, berichtet Henry Delincee.
In fetthaltigen Lebensmitteln wurden Abbauprodukte von Fettsäuren gefunden, sogenannte Cyclobutanone. Sie zeigen in hohen Konzentrationen zytotoxische, genotoxische und kanzerogene Wirkungen in Tierversuchen. Solch hohe Konzentrationen kommen im Lebensmittel jedoch nicht vor.
„Von diesen interessanten Substanzen hat man angenommen, dass sie ausschließlich in bestrahlten Lebensmitteln vorkommen, inzwischen hat man sie aber auch anderweitig entdeckt.“
Woher weiß man eigentlich, dass bei der Lebensmittelbestrahlung nicht vielleicht doch Stoffe entstehen, von denen man sonst nichts weiß, weil sie sonst nirgends vorkommen? In der Analytik ist es schließlich so, dass man wissen muss, wonach man sucht. Mario Stahl gibt zu:
„Es gibt keine absolute Sicherheit, dass nicht Stoffe entstehen, die man bisher nicht berücksichtigt hat. Man weiß inzwischen allerdings sehr viel über Lebensmittelbestrahlung. Man geht da nicht nur analytisch vor, sondern man guckt sich auch an, wie mikrobiologische Veränderungen sind oder physiologische. Außerdem wird die Toxizität geprüft.“
wiseum - 15. Okt, 09:01